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das zu Ende gehende Jahr ist nicht nur in Europa, sondern weltweit geprägt von einem Trend zu rechten, populistischen Weltsichten und Herrschaftsformen. Es macht sehr nachdenklich, dass eine AfD bei der Bundestagswahl nahezu 13 % der Stimmen erhalten konnte.
In diesem Zusammenhang werden von denen, die AfD wählen, vielfach Ängste ins Feld geführt, die vertraute Heimat zu verlieren. Tatsächlich verweist der Begriff Heimat auf eine Beziehung zwischen Mensch und Raum – dem Raum, in dem die frühesten Sozialisationsererfahrungen stattfinden und so Identität geprägt wird.
Es gehört zum Programm internationaler Freiwilligendienste, wie SoFiA sie versteht, bewußt aus dem Sozialisationsraum der eigenen Heimat herauszutreten und sich auf den Weg zu machen. In der Fremde finden viele Freiwillige eine neue Heimat und – die alte Heimat wird mit neuen Augen gesehen.
Die Weihnachtsgeschichte, die wir jährlich hören, ist ebenfalls geprägt vom Aufbruch aus der Heimat – gleich in mehrfacher Weise. Maria und Josef brechen aus Nazareth auf nach Bethlehem, wo ihr Sohn zur Welt kommt. Maria und Josef brechen dann erneut auf nach Ägypten, als sie von Herodes verfolgt werden. Jedes Mal heißt es, Vertrautes, also Heimat hinter sich zu lassen.
Aufbruch, Vertrautes hinter sich lassen, unterwegs sein – das ist ein Wesensmerkmal des christlich-jüdischen Lebensentwurfs.
Das jüdische Glaubensbekenntnis, das wir im Buch Deuteronomium finden, formuliert es so:
Du aber sollst vor dem Herrn, deinem Gott, folgendes Bekenntnis ablegen: Mein Vater war ein heimatloser Aramäer. Er zog nach Ägypten, lebte dort als Fremder mit wenigen Leuten und wurde dort zu einem großen, mächtigen und zahlreichen Volk. Die Ägypter behandelten uns schlecht, machten uns rechtlos und legten uns harte Fronarbeit auf. Wir schrien zum Herrn, dem Gott unserer Väter, und der Herr hörte unser Schreien und sah unsere Rechtlosigkeit, unsere Arbeitslast und unsere Bedrängnis. Der Herr führte uns mit starker Hand und hoch erhobenem Arm, unter großem Schrecken, unter Zeichen und Wundern aus Ägypten, er brachte uns an diese Stätte und gab uns dieses Land, ein Land, in dem Milch und Honig fließen. (Dtn 26, 5-9).
In diesem Glaubensbekenntnis ist die not-gedrungene Heimatlosigkeit fester Bestandteil der eigenen Identität. Es ist das Bekenntnis all derer, die in dieser Welt – das lässt sich auf unsere aktuelle Situation durchaus übertragen – rastlos unterwegs sind auf der Suche nach einem Ort, der Leben ermöglicht.
In dieser Tradition steht auch Jesus von Nazareth, wenn im Matthäus-Evangelium zu lesen ist:
Da kam ein Schriftgelehrter zu ihm und sagte: Meister, ich will dir folgen, wohin du auch gehst. Jesus antwortete ihm: Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann. (Mt 8,20)
Liebe Freiwillige, Unterstützer und Freunde unserer Arbeit,
zu dem anstehenden Weihnachtsfest und zum neuen Jahr wünschen wir Euch und Ihnen, dass Ihr und Sie sich nicht mit dem zufrieden gebt, was immer schon da und vertraut war, sondern die Neugier lebendig ist.
Wir wünschen Euch und Ihnen, dass Ihr und Sie offen und sensibel sein könnt für das, was auf dem Weg des Lebens an Neuem und Unbekanntem, oft auch Unbequemem begegnet – offen und sensibel für diejenigen, die rastlos unterwegs sind.
Wir wünschen Euch und Ihnen, dass es trotz allem einen Ort gibt, wo Ihr und Sie vertrauensvoll das Haupt hinlegen könnt.
Nicht zuletzt wünschen wir Euch und Ihnen, dass jenseits von allem, was vordergründig deutschen Weihnachten ausmacht (Schnee, Winter, Lebkuchen, Glühwein u.v.a.) entdeckt werden kann, was wirklich die Botschaft von Weihnachten ist: Gott ist Mensch geworden und solidarisiert sich mit allen, die in dieser Welt auf der Suche nach ihrer Heimat sind.
In diesem Sinne wünschen wir Euch und Ihnen
frohe Weihnachten und ein gesegnetes neues Jahr