Rumänien: 3. Rundbrief von Wiebke Bruhn
Rumänien
Wiebke Bruhn
30.07.2025
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Liebe Leser*innen, Es wird wieder Zeit mich mit einem neuen Rundbrief zu melden. Die letzen Monate sind wie im Flug vergangen, was sich auch darin deutlich macht, dass der Rundbrief einen Monat zu spät eingetrudelt kommt (hoppla). Schuld daran, dass die Zeit so schnell vergangen ist, sind der Tapeten- alias Projektwechsel und die damit verbundenen vielen neuen, tollen Menschen und Momente, die mich in den letzten Monaten begleitet haben.

Aber angefangen im März, meinem letzen Monat in Cluj-Napoca. Der Monat startete mit einem sehr interessanten Kurs, bei mir auf der Arbeit, über sensorische Integration bzw. Integrationsstörungen, spezifisch bei geistig behinderten Kindern. Praktischerweise war der Kurs auf englisch, sodass auch ich alles verstehen und mitnehmen konnte. Der restliche März war ein recht ruhiger Monat für mich, den ich größtenteils, neben eins/ zwei Besuchen von anderen Freiwilligen, damit verbracht habe, mich auf dem Umzug vorzubereiten. (Erstaunlich was sich alles in einer Wohnung ansammeln kann, in der man nur knapp vier Monate gelebt hat.) Fast schon überrumpelnd kam der März schließlich zum Ende und so stand dann der Projektwechsel und erste große Abschied für mich an. An meinem letzen Arbeitstag hatte ich mich Abends noch mit meinen Arbeitskolleg*innen zum Grillen getroffen. Wir saßen gemütlich zusammen, haben gegessen und gequatscht. Es war ein wirklich schöner Abend und Abschluss. Da ich Abschiede leider überhaupt nicht gut kann, war das „Tschüss“ Sagen auch dementsprechend emotional, aber es wurde sehr betont, dass ich immer willkommen dort bin, was das ganze etwas einfacher gemacht hat.<3 Trotz allen Gründen, die mich zum Projektwechsel bewegt haben, bin ich wahnsinnig dankbar für meine Zeit in Cluj, aber doch besonders für die Zeit im Kindergarten, für alle Erfahrungen, die ich sammeln konnte und dass ich meine Arbeit mit so tollen Arbeitskolleginnen verbringen konnte.

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Ankommen und Leben in Csíkszereda

Mein neues Projekt: Ich arbeite im St. Ágoston-Zentrum für Menschen mit Behinderungen und meine Aufgabe ist die Unterstützung der Betreuer*innen im Arbeitsalltag. Es gibt insgesamt vier Gruppen mit je vier bis fünf Klient*innen. Jeden Tag Wechsel ich in eine neue Gruppe. Wenn die Klient*innen gerade nicht an ihren Hausaufgaben oder Lernmaterialien arbeiten, basteln, singen, malen wir zusammen, machen Gymnastik, spielen im Hof Fußball,… Häufig werden zudem kleine Ausflüge wie z.B. ins Theater, in den Zoo oder auch einfach nur zum Eis essen gemacht. Seit kurzem gebe ich außerdem einer kleinen Gruppe Deutschunterricht, was manchmal etwas herausfordernd sein kann, aber da die meisten bereits in der Schule schon etwas deutsch gelernt haben, funktioniert es dann doch irgendwie. Die Sprachbarriere ist eine weitere Herausforderung, die mich in meinem Arbeitsalltag begleitet. Ungarisch macht mir zugegebenermaßen ziemlich zu schaffen und die Lernerfolge halten sich sehr in Grenzen. Das macht die Arbeit manchmal etwas schwierig(er), da einerseits die Kommunikation mit den Klient*innen schwierig ist, aber auch die Kommunikation mit meinen Arbeitskolleg*innen. Dementsprechend dankbar bin ich für die Arbeitskolleg*innen, mit denen ich auf Rumänisch (und mit Händen und Füßen) kommunizieren kann, sodass ich dann doch weiß was ich wo wie und wann machen soll.

Mein zu Hause ist jetzt eine kleine, gemütliche Wohnung im Zentrum der Kleinstadt Csíkszereda. Die Wohnung teile ich mir mit fünf Langzeitfreiwilligen und immer wieder neuen Kurzzeitfreiwilligen, die ein bis vier Wochen bleiben, sowie der Katze Nadia und dem Hund Lizi. Mein Bett befindet sich in dem Zimmer, in dem auch die Kurzzeitfreiwilligen schlafen. Heißt also ein Zimmer mit vier Stockbetten, immer neuen Mitbewohnerinnen und das Zimmer, was zudem als Durchgangszimmer zu den (zweier-) Zimmern der Langzeitfreiwilligen dient. Auf den ersten Blick sah das für mich nach unruhigen und dementsprechend schlaflosen Nächten und keiner Privatsphäre aus, was sich aber nicht bestätigen sollte. Nach kurzer Eingewöhnung und Einrichtung hab ich mich schnell wohlgefühlt. Dank der Vorhänge am Bett hat man dann irgendwie doch seinen eigenen abgrenzbaren Raum und jeder respektiert die Privatsphäre der anderen. ( Bis auf die ein oder andere schnarchende Mitbewohnerin kann ich mich also nicht beschweren ;) ) Den April hab ich viel zur Eingewöhnung und zum Erkunden genutzt. So habe ich dem Tierheim einen Besuch abgestattet, zusammen mit einer Freiwilligen, die dort gearbeitet hat und wurde schnell von den vielen süßen Hunden aber insbesondere Welpen verzückt. Ich konnte zudem noch das Eishockey Finale der Saison miterleben. Eishockey ist ein bedeutender Regionalsport in Csíkszereda, deshalb bin ich sehr froh, dass ich noch ein Spiel miterlebt durfte. Meine Mitbewohner*innen haben mich mit den besten Bars, Restaurants und Orten in Csíkszereda bekannt gemacht, wir haben Ulas und Hannas Geburtstag gefeiert,… An Ostern habe ich dann Besuch von meinen Eltern und meinem Bruder bekommen. Ich habe ihnen meine Lieblingsorte hier sowie auch in Cluj gezeigt, wir sind in meine beiden Lieblingsstädte Brasov und Sibiu gefahren und haben auch schöne neue Orte erkundet wie z.B. Balea Lac, den Transfagarasan, Lacul Sfântă Ana,…Insgesamt war es eine wirklich schöne Woche und es hat mir viel Spaß gebracht, meiner Familie mein Leben in Rumänien etwas genauer zeigen zu können.

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Ein paar Eindrücke aus dem April

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Der Mai startete recht traurig, denn wir mussten uns von den beiden Langzeitfreiwilligen Hanna und Kets verabschieden, die nach acht Monaten Freiwilligendienst nun wieder nach Hause fuhren. Gleichzeitig konnten wir aber auch Vicy neu bei uns begrüßen und haben schließlich zusammen den ersten Mai traditionell mit Mici grillen verbracht. Der Mai ging ruhig weiter, mit dem gewöhnlichen Alltag. Auf der Arbeit hab ich mich immer besser eingewöhnt und die Wohnung hat sich immer mehr wie (m)ein zu Hause angefühlt. Viele Stunden wurden quatschend in der Küche oder draußen auf unserem kleinen Balkon verbracht, der ein oder andere Abend wurde im Palermo oder Ami verbracht und mehrere Kurzzeitfreiwillige kamen und gingen (leider) auch wieder, die immer wieder ein neuen Wind mitbrachten. Ende Mai hat mich dann die Reiselust etwas gepackt, außerdem hatte ich mal wieder ein wenig Sonne und Strand gebraucht ;): Also hab ich mir eine Freundin geschnappt und habe mit ihr eine Woche Urlaub in Griechenland/ Athen gemacht. Ein bisschen Erholung hat ja noch nie jemandem geschadet. ;)

Mici grillen inklusive etwas Regen

Zu Hause <3

Urlaubbbbb

Der Juni war ein sehr schöner Monat, wahrscheinlich sogar mein liebster in meinem bisherigen Jahr. Mittlerweile waren es „nur noch“ die Langzeitfreiwilligen Ade, Ula und Tsveti, Vicy sowie die Kurzzeitfreiwilligen Archie und Lucy. Und meine Wenigkeit. Da es für alle außer Vicy, Ade und mich der letzte Monat in Csíkszereda war, haben wir nochmal aus Allem das Beste rausgeholt. Anfang des Monats, zu Pfingsten findet auf dem Somlyó-Berg, hier in Csíkszereda, eine große katholische Wallfahrt statt. Hunderttausende Pilger finden zusammen und laufen der Somlyó Berg hoch, auf dem dann Predigen und Messen gehalten werden. Der Somlyó-Berg wird somit jedes Jahr an Pfingsten zu einem Zentrum für eine der größten katholischen Wallfahrten Südosteuropas. Dieses Ereignis haben wir uns natürlich nicht entgehen lassen und sind ebenfalls, zusammen mit Hunderttausenden, den Berg bei praller Sonne und erdrückender Hitze hochgelaufen. Da Vicy uns zudem noch den Steilsten Pfad hochgescheucht hat, war die Erleichterung dann endlich oben angekommen zu sein sehr hoch. Aber der anstrengende Weg hatte sich gelohnt. Es war super eindrucksvoll, die riesige Menschenmasse oben versammelt zu sehen und der Schwarm an Menschen, der weiterhin oben ankam, schien gar nicht mehr aufzuhören. Der prallenden Sonne und unserer Erschöpfung geschuldet hatten wir den Rückweg schon angetreten, bevor die große Messe überhaupt anfing, aber wie gesagt, war es eine super eindrucksvolle und schöne Erfahrung.

Nicht viel später hieß es nochmal ab auf den Somlyó-Berg für uns. Diesmal aber keine katholische Wallfahrt, stattdessen ein (kostenloses) Open- Air Konzert von einer ungarischen Band. Einer ziemlich bekannten ungarischen Band, wie uns gesagt wurde. Glücklicherweise waren es diesmal mindestens zehn Grad kühler, generell das Wetter deutlich angenehmer und Vicy hat uns nicht den steilsten Pfad hochgejagt ;), wodurch der Anstieg wesentlich erträglicher war. Oben angekommen war die Atmosphäre aufs neue total mitreißend. Es war wieder so schön, die große Menschenmenge auf dem Berg versammelt zu sehen und auch wenn ich kein Wort von dem Gesungenen verstanden habe, war es ein super schönes Konzert.

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Ende Juni haben wir dann zusammen dem Gemeindezentrum bzw. den Bewohner*innen dort einen Besuch abgestattet. Tsveti und Ula hatten jeweils ein Gericht aus ihrer Heimat ( Bulgarien und Litauen) mitgebracht, was wir dort dann zusammen gekocht haben und Ula hatte eine Präsentation über ihre Heimat Litauen vorbereitet. Im Gegenzug hatten sie uns eins/ zwei ungarische Tänze beigebracht, die wir mehr schlecht als recht zusammen getanzt haben, aber Spaß gebracht hat es auf jeden Fall. Es hat Spaß gebracht über meine Heimat zu erzählen, genauso aber auch von anderen Ländern und Heimaten zu hören, zu lernen und sie etwas näher gebracht zu bekommen. Das ist auch, warum ich es so genieße mit immer wieder neuen Menschen aus unterschiedlichen Ländern zusammenzuleben. Es macht wirklich Spaß, ständig etwas neues über die verschiedensten Länder zu hören und das Leben, die Traditionen, etc. dort etwas näher gebracht zu bekommen.

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Was diesen Monat aber auch generell die letzten drei Monate so schön gemacht haben, waren nicht (nur), die besonderen Events und Aktionen sondern vor allem das tägliche Zusammenleben. Zusammen ins gegenüberliegende Café Palermo zu gehen, ein Getränk zu schlürfen und Karten zu spielen. Zusammen in der Küche zu sitzen und zu reden. Plötzlich in ein tiefes Gespräch verwickelt zu sein, wenn man eigentlich nur kurz auf dem Balkon frische Luft schnappen wollte. Oder die Momente, wenn man sich alleine hingesetzt hat und auf einmal alle anderen auch auftauchen und man ewig lange zusammen sitzt und lacht. Wenn Tsveti den Beamer aus dem Büro geliehen hat und wir alle zusammen einen Film geschaut haben, all die Freitag Abende zusammen verbringen und am nächsten Morgen todmüde nochmal all die lustigen Geschichten von letzter Nacht erzählen. Die vielen Abende, die bis in die Nacht verquatscht wurden weil die Zeit dann irgendwie doch schneller als gedacht vergangen ist und so viel mehr. Aber der Juni ging dann doch viel zu schnell vorbei und es wurde Zeit Abschied zu nehmen, was mir, zugegeben, ziemlich schwer fiel. Aber wie Vicy jetzt sagen würde ist es nie ein „Goodbye“ sondern immer nur ein „See you later“ Mir bleibt nun auch nicht mehr viel Zeit bis es heißt „See you later“ zu sagen, die Zeit ist dann irgendwie doch schneller vorbei gegangen als man es erwartet.

Ich melde mich dann in meinem nächsten Rundbrief nochmal und wünsche euch allen einen schönen Sommer bis dahin.

Vielen Dank fürs Lesen, Eure Wiebke